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Sein Wirken

Die Jegelscheune

1995 bis 2000 - Etablierung

Der Wendelsteiner Sommer ist als anerkannte Musikreihe etabliert und erfreute sich immer größerer Beliebtheit mit Zuschauern aus weiten Teilen Bayerns. Im Laufe der Jahre gewinnen wir viele liebe Stammgäste, die nicht nur aus Wendelstein und dem Großraum Nürnberg kamen, sondern die regelmäßig einen weiten Weg auf sich nehmen und z. B. aus Augsburg, Coburg, Ingolstadt und etlichen anderen Gegenden anreisten, um die großartigen MusikerInnen in der Jegelscheune nicht zu verpassen. Es gab nun weltweite Musikerbewerbungen. Die Beschreibung „exclusiv und hautnah“ versprach nicht nur intimen Charakter sondern gewährleistete ihn auch: Besucher, Musiker/innen und Veranstalter auf Tuchfühlung. 

Auf den folgenden Seiten präsentiere ich meine ganz persönliche Auswahl an Musikern und Musikerinnen bzw. hebe KünstlerInnen hervor, die Gerd mit besonderer Ankündigung bedacht hatte. Sämtliche Veranstaltungen zu erwähnen und alle Darbietungen zu würdigen würde den Rahmen dieses Textes sprengen. Es gibt etliche Musiker, die ganz hervorragend waren/sind, die leider durch mein Erinnerungsnetz fallen werden. Wiederholungskonzerte werde ich nicht oder nur aufzählend erwähnen. Ich fühlte mich immer als der größte Fan der Konzerte in der Jegelscheune. Durch viele Jahre musikalischer Erfahrungen habe ich gelernt, auch Musik zu würdigen bzw. zu mögen, die ich vorher nicht kannte oder nicht mochte. Dies hatte eindeutig mit der so nahen Livepräsentation und der entsprechend hohen Qualität zu tun, wie Gerd sie garantieren konnte. Hatte ich einmal Vorbehalte wegen meines eigenen Geschmacks, so sagte Gerd “Du wirst schon sehen, wird dir gefallen“. Viele ehemalige Gäste haben ähnlich gedacht, nach dem Motto „was der Huke bringt, wird schon passen“ und sich auf neue musikalische Abenteuer eingelassen. 

Das Jahr 1995 

Das Jubiläumsjahr begann mit 14 Konzerten. Auf einen fränkischen Abend und einen Swing-Abend folgte das bald schon alljährlich stattfindende Konzert mit dem beliebten Blues- und Boogiepianisten Christian Willisohn am 26. Januar, Gerds Geburtstag. Seine Solo-Konzerte fanden immer großen Anklang und endeten oft erst sehr spät am Abend bzw. in der Nacht. Rhythm&Blues in der Art von Louis Prima spielten Roger & The Evolution. Mit „Big Man Clayton“ im März begann eine Reihe führender Blues- und Boogiepianisten Englands. Zum 10jährigen Jubiläum des Wendelsteiner Sommers fanden auch einige Veranstaltungen außerhalb der Jegelscheune statt. So z.B. eine Ausstellung des Wendelsteiner Malers Jonathan, ein fränkisch-bayerischer Abend in der Rangauhalle mit Klaus und Rolf Schamberger, Lizzy Aumeier und Michael Well. Blues mit der Peter Schneider Band in der TSV Halle und zum krönenden Abschluss die Blues-Queen aus New Orleans Marva Wright. Gerd engagierte eine seiner Favoritinnen zum zweiten Mal. Auf ihrer sehr kurzen Europatour trat sie als Hauptact beim Amsterdamer Bluesfestival auf, gastierte zwei Tage im Olympia in Paris, in Frankfurt in der Alten Oper und!… in Wendelstein. Im Herbst erlebten wir The Cole Porter Story mit der Max Neissendorfer Band und ein Weihnachtskonzert in der St. Georgskirche mit den A Capella-Gospel-Singers The First Revolution“. Von Ende September bis Anfang Dezember gab es 13 Konzerte in der Jegelscheune, sogar an einem Mittwoch und einem Donnerstag. Stephan Holstein brachte zum Auftakt im Herbst den Münchner Pianisten Martin Schmitt mit und im Dezember den Bamberger Geiger Max Kienastl.  Ebenfalls zum erstem Mal zu Gast war eine Sängerin mit viel Soul und Jazzfeeling, Masha Bijlsma, der shooting Star aus den Niederlanden. Für Blues sorgten Ludwig Seuss & Friends sowie Shirley Williams mit ihrer Band. Als Stargastspiel kündigte Gerd den renommierten Schlagzeuger Charlie Antolini an. Herausragend aber war das Konzert mit dem Drummer Trevor Richards und seinem New Orleans Trio. Seine Mitmusiker, ebenfalls aus New Orleans, waren der wunderbare Klarinettist Orange Kelly und der 1912 geborene traumwandlerische Pianist Red Richards. Alle Drei spielten schon mit den besten und bekanntesten Jazzmusikern Amerikas. Ich erinnere mich an dieses Konzert als wäre es gestern gewesen. Wir erlebten ein Konzert höchster musikalische Qualität voller Eleganz. Nahezu konkurrenzlos in diesem Genre.       

Das Jahr 1996

Das Frühjahr brachte einige Highlights in die Jegelscheune. Das erste wurde von Charlie Byrd gesetzt, dem legendären Jazz Titan, der auf seiner Geburtstagstournee zum 70. in einer Reihe mit Düsseldorf, Hamburg und Amsterdam in Wendelstein auftrat, in einer ausgebauten Scheune, die keine Provinzadresse ist, sondern „was den Jazz betrifft, durchaus erste Wahl“ (NN, Mantel, 15.11996). „Wie einer der größten Jazzer der Welt sieht Charlie Byrd gar nicht aus, (…)  eher ein emeritierter Geschichtsprofessor als der geniale Creator des „Latin-Jazz“ mit klassischer Gitarre und Auslöser der „Bossa-Nova“ Welle“. (NZ,20.1.1996) Diese Welle löste löste Byrd gemeinsam mit Stan Getz 1962 mit der LP „Jazz-Samba“ aus.

Ein weiteres Ausnahmekonzert war unbestritten der Auftritt des Akkordeonisten und Vorreiters der „New Musette“ Richard Galliano. „Unglaubliche Läufe auf den Knöpfen des Akkordeons finden statt, fast hat man den Eindruck, er hätte mit einer Eingebung die „Blue Note“ für das Akkordeon erfunden. (…) Er ist der europäische Meister des etwas anderen Akkordeonspiels. Ein wirklich hervorragendes Konzert.“ (NZ, 27.3.96) Gerd war zurecht stolz auf den Auftritt dieses Weltstars und das fantastische Konzert. Die Zuschauer verließen begeistert die ausverkaufte Jegelscheune. Doch eine Besucherin äußerte sich Gerd gegenüber so: „Wissen’s was, Herr Huke, das war fei nichts Besonderes, ich spiel nämlich auch Schifferklavier“. Gerd wirkte leicht fassungslos und irritiert. Ob er eine passende Antwort fand, kann ich nicht mehr erinnern, ich denke eher nicht. Aber auch diese Aussagen wurde für uns zu einem bleibenden Bonmot, wann auch immer wir auf Akkordeon Musik stießen.

Hans Theessinks Band Blue Groove versah Gerd mit der Überschrift Blues-Extravaganza. Sehr zu recht, wie wir alle wissen. Fetzigen Rhythm & Blues hingegen präsentierten mit einer Mischung aus musikalischem Können und englischem Humor King Pleasure & The Biscuit Boys. Humor aus Franken wurde geboten: Die Tanten aus Bamberg kamen in die Jegelscheune, TBC-Das Totale Bamberger Cabaret gastierte in der Waldhalle.

Die Knaller im Herbst waren einerseits das Red Holloway Quintett und zum zweiten die wahre Living Legend of New York, die Harlem Blues & Jazz Band. Diese samt älteren Herren brauchten niemandem mehr etwas zu zeigen. Superstars, in Würde mit ihrer Musik als Lebenselexir gealtert, die stets ihr Bestes gaben und sich fürs Publikum verausgabten. Der 85 Jahre alte Bandleader und Drummer Johnny Blowers spielte schon, wie auch sein Bandkollege Al Casey, mit den Größen der amerikanischen Musikgeschichte.

Von Mitte Oktober bis Mitte Dezember folgten noch weitere 13 Veranstaltungen. Darunter Al Jones mit Band, Martin Schmitt, der Münchner Blues & Boogie Pianis, Herbert Christ mit seinen International New Orleans All Stars, Engelbert Wrobels Swing Society und erstmalig Ron Ringwood und die Gospel Messengers

Das Jahr 1997

Anfang 1997 traten u.a. die Ludwig Seuss Band und die Matchbox Bluesband auf. Zum Konzert des begnadeten Blues- und Boogiepianisten Axel Zwingenberger hier ein Presse-Zitat: „…einen Künstler solchen Formats für ein Konzert in der Jegelscheune zu engagieren. Denn Axel Zwingenberger ist es gewohnt, in wesentlich größeren Sälen zu spielen, zählt er doch zu den renommiertesten Boogie-Woogie-Spielern der Welt. (...) Bei seinem mehr als dreistündigem Konzert entpuppte sich Axel Zwingenberger als ein hämmernder Derwisch, ein funkensprühendes Energiebündel (…) …Wechselspiel zwischen schweren Bluesklängen gepaart mit der Leichtigkeit des Boogie-Woogie.“ Hip-Kurier, 18.1.1997 

Obwohl Christian Willisohn mindestens einmal pro Jahr in Wendelstein auftrat, waren seine Konzerte immer schnell ausverkauft. Kein Wunder, spielte er sich doch „die Seele aus dem Leib“. Seine pure Energie übertrug sich beinahe unmittelbar auf das Publikum. Nach über drei Stunden faszinierender Spielzeit waren auch die Zuhörer erschöpft.

Unter allen weiteren Konzerten sorgten zwei für Furore: Grooveyard meets the Tenors Red Holloway & Houston Person und Jimmy Woode mit Jazz a Plenty. Beeindruckt war ich von Jimmy Woode nicht nur musikalisch, sondern zutiefst menschlich gerührt von seiner Lebensgeschichte, die wir bei weiteren Besuchen erfahren durften. Er hat Rassismus in den USA hautnah erlebt, Erlebnisse, die wir aus Filmen oder Berichten kennen. Dies aber von einem alten Mann (*1929) im persönlichen Gespräch zu erfahren, hat nochmal eine ganz andere Tiefe. Dazu ein Beispiel aus der Zeit, in der Jimmy Woode in der Band von Duke Ellington spielte: Zum Konzert kam die gesamte Band im Tourbus in die Stadt, wurde zum Hintereingang des Auftrittsortes geleitet, und aus dem abgeschotteten Backstagebereich zu Konzertbeginn auf die Bühne gebracht um vor einem zu meist weißen Publikum zu spielen. Übernachten durften die Musiker nicht, sie wurden aus der Stadt hinausbegleitet. Wer in jüngster Zeit den Film „Green Book“ gesehen hat, hat eine leise Vorstellung davon.

Als Sensation in der kleinen Jegelscheune kündigte Gerd den weltberühmten New Orleans Star Sammy Rimington mit seiner International Jazz Band an. Die Superstars aber waren die Holmes Brothers am 12. November. Diese drei Namen bleiben unvergessen: Wendell Holmes, Sherman Holmes und ihr „AdoptivBruder“ Popsy Dixon.

Das Jahr 1998

Im Frühjahr 1998 gastierten zum ersten Mal in der Jegelscheune u.a. folgende Bands bzw. Duos: Colin Hodgkinson & Frank Dietz, The Jivin‘ Jewels, Joe Kienemann Trio sowie das Bluesduo Rannenberg mit dem hervorragenden Sänger und Harpspieler Keith Dunn und B.B. & The Blues Shacks, damals blutjunge Musiker, die sich, wie vorausgesagt, sehr schnell zu einer der besten Bands des 50er-Revival-Blues mauserten. Es waren und blieben äußerst nette Jungs, die immer wieder gern gekommen sind und die wir gern bei uns hatten. Obwohl schon seit vielen Jahren erfolgreich durch ganz Europa tourend traf die Blues Company bei uns erst 1998 ein. Ron Ringwood war der Sänger der „Real Gone Guys“ von “Lady Bass“ Lindy Huppertsberg. Der charismatische Entertainer war schon mit den Gospel  Messengers und seiner Cross Cut Blues Band aufgetreten. Er brachte später weitere Gruppierungen und hochkarätige Shows nach Wendelstein und wurde zum Freund. 

 „One oft he best voices in the business“ ist laut der Zeitschrift  Rolling Stone die unverwechselbare Stimme von Terry Evans. Bei seinem Namen fällt mir nur ein zu sagen „Wow, was für eine Stimme, welche Ausstrahlung… einmalig“!

Als krönenden Abschluss für dieses Jahr holte Gerd die wohl berühmteste Gospelgruppe der Welt in die St. Georgskirche: The Original Five Blind Boys of Mississippi. 1944 an einer Blindenschule in Mississippi gegründet nahmen sie 1946 ihre erste Platte auf und traten hauptsächlich in Kirchen schwarzer Gemeinden in den USA auf, aber auch im Apollo Theatre in Harlem und der Carnegie Hall.

Das Jahr 1999

Mit Herb Ellis begann auch dieses Jahr wieder mit einem Superstar der Jazzszene. Von 1953 bis 1959 gehörte er zum Trio um Oscar Peterson, er begleitete Ella Fitzgerald, spielte mit Louis Armstrong, Dizzy Gillespie, Benny Carter u.v.a. In den 60ern begann er die Duo-Arbeit mit Charlie Byrd. 

Gerd hatte ja auch ein „Händchen“ für guten Swing und Nachwuchsbands mit großem Potential. Dazu gehörten eindeutig die „Echoes of Swing“, die sich erst 1997 gegründet hatten und bis heute zusammengeblieben sind. Dieser Zusammenhalt ist wohl neben der hervorragenden Musik ein wichtiger Bestandteil ihrer Karriere. Dazu verholfen haben u.a. womöglich auch die steten Auftritte in Wendelstein. Es ist im Nachhinein beeindruckend, diese damals sehr jungen Musiker älter werdend und musikalisch gereifter erlebt zu haben. Wir waren mit ihnen über die vielen Jahre freundschaftlich verbunden. Als die Echoes im Frühjahr 2017 in Erlangen auftraten, war ich nicht in der Verfassung ihr Konzert zu besuchen. So trafen wir uns vorher in Nürnberg. Sie wollten mir auf liebenswerte Weise ihr Mitgefühl bekunden. Solche Beziehungen im Musikgeschäft sind kostbar. Wir hatten einige davon und diese Erinnerungen bleiben.

 Nicht nur das Frühjahr ging wie immer mit viel Blues & Boogie weiter, der Herbst begann mit dem „Hohepriester der blauen Töne“, Long John Baldry. 1960 gründete er mit Alexis Korner die erste britische „Blues Incorporated“. Mit dabei die Musiker Charlie Watts, Mick Jagger, Jack Bruce, Paul Jones. 1962 entdeckte Long John den jungen Straßenmusiker Rod Stewart in einer U-Bahnstation und nahm ihn in seine Band Hoochie Coochie Men auf. 1970 zog sich Long John für 20 Jahre zurück, 1990 dann das Comeback.  Auch interessant: Elton John gab sich seinen Künstlernamen als Referenz an Long John Baldry.

Insgesamt 18 Veranstaltungen gab es von Ende September bis Mitte Dezember. Blues und Jazz wechselten sich ab. Mit dabei und immer gern gesehen und gehört Peter Schneider & The Stimulators mit ihrem Voodoo Swing, die Blues Company sowie Blueslady Sidney Ellis mit ihrer Yes Mama Band. Neu dabei Paul Lamb & The King Snakes, mit ihrem Westcoast Jump Blues unterwegs auf dem Weg zur Weltspitze mit Halt in der kleinen Jegelscheune, „Wir spielen nur bei den 1. Adressen“, so Paul Lamb. Da war die Band bei uns genau richtig. Friend‘n Fellow traten erstmalig in der Jegelscheune auf. Die beiden werden allen, die sie damals oder später beim Festival wiedergesehen haben, als grandioses Duo in Erinnerung sein. Keb Mo über Constanze Friend:“ the voice of an angel“. Untermalt, hervorgehoben und einfühlsam begleitet vom virtuosen Gitarristen Thomas Fellow. Erlebnisse mit Gänsehaut.

Eher ein Experiment war wohl der Auftritt des jungen „Überflieger(s) im Musikgeschäft“ Cornelius Claudio Kreusch mit seinem Bandprojekt BlackMudSound im November im Jugendtreff. Authentischen Swing a la Benny Goodman in zeitgemäßer Form präsentierte Engelbert Wrobels Swing Society. Auch diese Band war immer wieder zu Gast.

Kurzer Einschub zu einer Fremdveranstaltung: Für die große Feier zur Jahrtausend Wende buchte die Stadt Nürnberg die Ambrosia Brass Band und so zogen wir mit ihnen um Mitternacht durch die Gassen der Altstadt. Danach war mit dem kleinen Ableger, der Jambalaya Six, Tanz im Rathaussaal angesagt.

Das Jahr 2000

Im Februar feierten Williams Wetsox schon ihr 20jähriges Jubiläum und brachten ihren boarisch Blues aus Huglfing in die Jegelscheune. Dazu Gerd: „Wer ahnt schon, dass die Wasser der Amper fast ebenso träge fließen wie beim legendären Bruderstrom Mississippi, dass die fiebrigen Sümpfe Louisianas auch im bayerischen Süden beheimatet sind“. Kreolischer Zydeco mit deutschen Texten im bayerischen zungenschweren Dialekt, der wie das Patois des Südens der USA daherkommt. Bis Ende März fanden vier weitere Bluesabende statt, u.a. eine Jegelscheunen-Blues-Night mit Matt Taylor und seiner Band sowie Red Holloway und seine R&B Group.

Direkt aus der New York South Bronx kam Michael Hill’s Blues Mob, der Senkrechtstarter und Meister des elektrischen Blues. Und direkt aus New Orleans kam mit ihrer umjubelten Show das Duo Carol Fran & Clarence Hollimon.

Mit dem Miles-Davis-Schlagzeuger Jimmy Cobb bot Gerd mal wieder ein Starkonzert der Extraklasse. Zu seinem Quartett gehörten der Pianist Dado Moroni, den Gerd schon seit Jahren nach Wendelstein zu holen versuchte, Hendrik Meurkens und Ray Drummond am Bass. Es war eine solch hochkarätige Band, dass der Bayerische Rundfunk anwesend war und das Konzert für die Sendung „Jazz auf Reisen“ aufzeichnete. Das umjubelte Konzert wurde von Peter Machac vom Bayerischen Rundfunk am Ende begeistert mit folgenden Worten kommentiert: „Ich war zum ersten Mal bei Ihnen und darf Ihnen versprechen , das wir vom Rundfunk bestimmt nicht zum letzten Mal hier sind. Wenn es keine Besessenen und Verrückten wie Gerd Huke gäbe, die es immer wieder schaffen, internationale Jazzgrößen auf die Bühne zu holen, dann wäre unsere Kulturlandschaft um einiges ärmer.“ Welch wahren Worte, die ich mit Stolz zitiere.

Im Herbst 2000 trat Masha Bijlsma, diese charismatische junge Sängerin, zum zweiten Mal in Wendelstein auf, gemeinsam mit Startrompeter Benny Bailey

Die Bluesabende von September bis Dezember waren wieder schnell ausverkauft. Die Blues Company spielte, wie Toscho sagte, in ihrem gefühlten Wohnzimmer, Louisiana Red und Tom Shaka wollten gar nicht mehr von der Bühne runter, sie spielten über vier Stunden bis Reds Frau dem Konzertabend ein Ende setzte. Beim dritten, gemeinsamen, Teil des Konzerts reagierte das Publikum wie elektrisiert. Das waren diese Abende, die „in die Geschichte eingingen“, die wir mit „nach Hause trugen“ und durch die Gerd motiviert war, stets das Beste zu präsentieren.

Christian Willisohn war zum zehnten Mal zu Gast, was sicherlich kein Zufall war, spielte er doch ganz in der Tradition von Dr. John und Prof. Longhair, zwei von Gerds Lieblingsmusikern. Albie Donnellyʼs Big 3 präsentierte kurz vor Weihnachten ihre „Chrismas Mania Show“.

Albie Donnelly und John Hammond

Eindeutiger Höhepunkt aber war in diesem Herbst die lange Bluesnacht mit den drei Solo-Gitarristen Marty Hall, Morgan Davis und …  JOHN HAMMOND. „John Hammond…lieferte ein begeisterndes, schweißtreibendes Konzert ab.“ NZ 24.10.2000

»BACKSTAGE«

Hinter den Kulissen

Beim Durchschauen der Unterlagen und schreiben dieses Textes wird mir klar, welches Unternehmen Gerd da eigentlich angefangen und 28 Jahre durchgezogen hat. Und eben nicht einfach durchgezogen, sondern mit fränkischem Herzblut geplant und veranstaltet. Es war ja kein Job wie „Würstl verkaufen“ oder in der Amtsstube Akten zu studieren. Entsprechend anders sah auch Gerds Schreibtisch im Rathaus aus. Nach einem Besuch des Bürgermeisters in Gerds Büro blieb es bei diesem einen Mal. Das „kreative Durcheinander“ war wohl schwer zu ertragen. Die tatsächlichen Abläufe an Konzerttagen aber waren klar strukturiert, an Gerds Vorgaben musste sich jede/r halten. Auch die eintreffenden Musiker und Tourbegleiter. Zwischen Promoter und Musiker stehen bekanntermaßen meistens Agenturen. Es ist ein Geschäft, ganz klar, aber es haben sich auch gute Beziehungen und Freundschaften ergeben. Andere blieben geschäftsmäßig im Hintergrund oder fanden nicht Gerds Antenne. Andy Lösche begleitete seine Musiker oft auf deren Touren und speziell nach Wendelstein, so dass er die Gepflogenheiten gut kannte: „Gerd legte sehr großen Wert darauf, dass wir pünktlich um 17.00 an der Jegelscheune eintrafen. Waren wir aber da, wurden wir herzlich mit Kaffee begrüßt und rauchten im Hof in aller Ruhe eine Zigarette.“ 

Ich denke, Musiker und Begleiter kamen auch deshalb gern zu uns, weil alle stets gut bewirtet und umsorgt wurden. Dennoch gab es auch Musiker/innen, die einigermaßen schwierig waren. Damit musste profimäßig umgegangen werden. Respekt für die Leistungen auf der Bühne und die Anstrengungen während einer Tour standen im Vordergrund. Maßstab und Ziel aber war, dem Publikum eine gute Show zu bieten. Gäste fragten oft „Wie macht er das bloß, woher hat er diese Bands?“ Die Tätigkeit als Veranstalter erfordert ein großes Engagement über die Bürozeit hinaus. Unsere Konzert- und Festivalbesuche in anderen Orten waren zwar privater Natur, dennoch war Gerds Profiblick immer dabei. Er sagte oft „Ich kann eigentlich nicht mehr jungfräulich Musik hören“. Wöchentliche CD-Käufe, lesen von Fachzeitschriften und Internetseiten, all das gehörte dazu. Privat oder Job? Fließend. Die vielen Stunden, die Gerd bzw. auch wir zu zweit daheim Musik gehört und Musik-DVDs geschaut haben, waren unsere private Freizeitgestaltung, aber im Nachhinein betrachtet, irgendwie doch nicht so ganz. 

2001 bis 2012 - Beständigkeit

Über die Jahre des Wendelsteiner Sommer von 2001 bis 2012 werde ich etwas kürzer berichten, um Wiederholungen und Langeweile zu vermeiden. Es wird nicht ganz einfach sein, da ich beim Lesen der Flyer und Zeitungsartikel mich zeitversetzt fühle und geradezu in einen Erinnerungsrausch gerate. Wegen der besseren Übersicht werde ich bei der Jahreseinteilung bleiben, auch wenn die Saison immer von September bis März dauerte.

2001/ 2002

Vor nun 20 Jahren zeigte Ana Popovic schon ihr Können an der Stratocaster mit Vorbildern wie Albert Collins, Albert King und Elmore James. Ein gefeiertes Gastspiel gab Philip Catherine, der seit den 1960er Jahren zur ersten Liga der europäischen Jazzszene gehört.

„Zum ersten Mal in der Jegelscheune und Wochen vorher schon ausverkauft: Ein Ruf wie ein Donnerhall geht der Hamburg Blues Band voraus.“ Mit dabei Dick Heckstall-Smith, in den 70er Jahren Mitglied bei Collosseum. Diese Band habe ich bei einem der damals beliebten OpenAir-Wochenednen live erlebt. Unglaublich, heute vor 50 Jahren.

Ein besonderes Zuckerl war der Auftritt von Gerd Köster. In den 80er Jahren haben Gerd und ich die Schröder Road Show gehört. Deshalb freute sich Gerd ganz besonders, dass er den Frontman dieser Band verpflichten konnte, auch wenn er vielleicht nur Insidern bekannt sein sollte. So gingen die Begrüßungsworte von Köster auch in diese Richtung: “Wie kommt man als Franke dazu, in ein Konzert zu gehen, in dem man kein Wort versteht? Hat euch der große Meister (gemeint ist der Veranstalter Gerd Huke) dazu gezwungen?“ Die Konzertbesucher umjubelten diesen begnadeten Künstler und Geschichtenerzähler.  Mit seiner Band The Piano has been drinking hat Köster Songs von Tom Waits auf eigene Art hervorragned „eingekölscht“. Auch Claudia Bettinaglio hat auf ihre ganz eigene Art die Musik der außergewöhnlichen Künstlerpersönlichkeit Tom Waits erforscht. Bettinaglio war damals eine Entdeckung von Gerd. Im Programmheft steht: „Eine persönliche Faszination für die Vielschichtigkeit des Wait’schen Gesamtwerks wurde so zu einer intensiven und praktischen musikalischen Auseinandersetzung mit einer Anzahl einzigartiger Songs. Diese Entdeckungsreise umfasst Material aus fast 30 Jahren. Alle Schaffensperioden von Tom Waits sind vertreten.“ 

Das Jahr 2002 leitete ein swingender Jazzabend mit dem Max Greger jun. Quartett ein. Die JAZZZEITUNG schrieb: “Was das Quartett bot, war ein fulminanter Cocktail erlesener Swing-und Jazzmusik. (…) Seine Fingerfertigkeit, seine atemberaubenden Improvisationen, sein Vorpreschen und sich Zurücknehmen sowie feinfühliges Zusammenspiel mit den drei anderen Mitgliedern der band machten diese Konzert zu einem Edelstein…“  

American Folksongs mit Easy-Rider-Feeling, so überschrieb Gerd das erste Konzert des Singer/Songwriters Terry Lee Hale. Es folgte am 26. Januar der wunderbare und einmalige Hans Theessink mit Blue Groove. Einen spektakulären Auftritt legten die Route 66 All Stars hin, eine siebenköpfige Band mit vier versierten Gitarristen, die sich auf der Bühne abwechselten. Am Schluss standen alle auf der kleinen Bühne und wir erlebten ein fulminantes „Hey Joe“. Im Februar fand eines der schon eingangs erwähnten Spitzenkonzerte des Großmeisters Duke Robillard und Band statt. In der wochentäglichen Kulturzeit des Senders 3sat, die wir seit Programmbeginn schauten, wurde auf die Tournee mit den fünf Auftrittsorten hingewiesen, vier Großstädte und Wendelstein. Hier zur Erinnerung kurz über Dukes Karriere: 1967 Gründung der legendären Roomful of Blues, Einstieg bei Fabulous Thunderbirds . Mitte der achtziger Jahre Beginn einer Solokarriere, Tourneen mit seiner eigenen Band, Veröffentlichung zahlreicher Alben und Gastauftritte bei Studioproduktionen von diversen Kollegen, u.a. auf „Time of my mind“ von Bob Dylan.

CandyeKane auch mit Gerd Huke

Mit dem Herbstprogramm 2002 präsentierte Gerd einige Blues-Superacts. Vor allem die zwei Bluesfrauen, die im September auf der Bühne standen, sind eine längere Besprechung wert. Candye Kane, ehemalige Porno-Queen, erlangte mit ihrem Album „Toughest girl alive“ weltweiten Ruhm und Anerkennung in der Bluesszene. Auftritte auch bei allen wichtigsten europäischen Festivals folgten. Mit ihrer CD „Whole lotta love“, kam sie ein weiteres Mal nach Wendelstein, deren Titelsong sie an diesem Abend Gerd widmete. Candye war eine begnadete Bluessängerin, eine sehr sympathisch und humorvolle Frau und eine äußerst beeindruckende Persönlichkeit. Leider ist auch sie schon vor einigen Jahren zu jung verstorben.

Die zweite Sängerin war Mary Coughlan, deren CD „Red Blues“ während des Schreibens läuft. Darauf ist eine wunderbare Interpretation von I’d rather go blind“ zu hören. Ihr Lebenslauf scheint dem Blues geradezu verpflichtet. Hier trifft das vermeintliche Klischee der ewigen Verlierer zu. Mary Coughlan hat alles erlebt und hat erstaunlicher Weise überlebt. Eine starke Frau, die mit Mitte dreißig ins Leben zurückfindet und mit Anfang vierzig ihr Comeback als Sängerin feiert.  

Der Herbst wurde wieder von BluesMännern bestimmt. Roy Herrington und Mick Pini, die beide schon bei dem Projekt „Route 66“ dabei waren, gastieren mit ihren eigenen Bands. Eine absolute Neuentdeckung war der BluesShouter Tad Robinson, von Michael Arlt von den BBs empfohlen. Dank des blinden Vertrauens in Gerds Empfehlungen war die Jegelscheune rappelvoll und alle, die dabei waren, haben es nicht bereut. Begleitet wurde Tad von seiner italienischen Band, mit dabei der Tastenzauberer Alberto Marsico an der Hammond-Orgel. 

2003/ 2004

Steve Gibbons

Von Steffen Radlmaier erschienen im Frühjahr 2003 zwei begeisterte Kritiken. „Die famose Jazz-Entdeckung Lisa Bassenge in Wendelstein. (…) Jetzt bewies der Wendelsteiner Kulturreferent Gerd Huke wieder einmal seine Spürnase und präsentierte das brillante  „Lisa Bassenge Trio“ in der Jegelscheune.“  NN, 20. Januar 2003, radl. Aus Pop wird Jazz, aus Jazz wird Pop, jedes Lied ist bekannt, die Veredelung durch das Trio von zauberhafter Schönheit. Ganz anders die Legende Steve Gibbons, ein herausragender Vertreter der britischen Bluesrockgeschichte. „Nach längerer Pause ist der Altmeister wieder auf Tour – und in Bestform. In der ausverkauften Jegelscheune in Wendelstein erlebte ein begeistertes Publikum vier musikalische Sternstunden. Eine lange Bluesrocknacht mit Seltenheitswert. Für eine gelungene Überraschung sorgte schon das kanadische Trio Hot Toddy im Vorprogramm. (…) Eine ideale Einstimmung auf die „Steve Gibbons Band“ (…) NN, 26.März 2003, radl  

Mississippi Mudsharks

Und noch eine weitere echte Legende trat auf, einer der letzten Größen des Jazz aus der Bebop-Ära: der fabelhafte Trompeter Benny Bailey. Ebenfalls ein Hochkaräter: Birelli Lagrene. Dieser Ausnahmegitarrist ist normalerweise für Veranstaltungen mit 100 Sitzplätzen nicht bezahlbar. Die Verbindung zu solch einem Ausnahmekünstler war dieses Mal der Pianist Jermaine Landsberger, ein enger Freund von Birelli. So war die Frage „wie er’s nur immer macht solche Musiker zu holen“ für dieses Mal beantwortet. Nothin‘ but the blues… das erfüllten die zwei Bands im Herbst voll und ganz: Scottie Blinn mit seinen Mississippi Mud Sharks und die Jim Kahr Band. Zwei Abende, die bis heute nachhallen. Erstaunt war ich schon über das erste Engagement der schottischen Folkband Tannahill Weavers. Die Band scheint aber ihre Fans gehabt zu haben, um einen zweiten Auftritt zu rechtfertigen. Ganz ehrlich: Lässt man sich drauf ein, so kann es ein spannendes und lehrreiches Erlebnis sein, eine komplett andere Musik zu hören. Mich haben  Live-performance und Qualität überzeugt, auch wenn ich daheim sicherlich keine CD auflegen würde.

Im Jahr 2004 fanden zwei Lesungen statt, eine mit Jaques Berndorf und Musik von Christian Willisohn. Und ein ganz SPEZI-eller Lese-Abend mit Klaus Schamberger. Bis Weihnachten aber gab es Blues in allen Variationen. „Jump with an italian“ wurde von Egidio „Juke“ Ingala im wahrsten Sinne ernst genommen. Ebenfalls aus Italien und sehr beeindruckend die „Primadonna del Jazz & Blues“ Laura Fedele. Direkt aus New Orleans kam das fabelhafte Duo Kim Prevost und Bill Solley. „Kim Prevost is New Orleans‘ answer to Cassandra Wilson“, so das OffBeat Magazine. „Wild & crazy“ zeigte sich die außergewöhnliche Band Los Torpedos. „Blues and roots from Austria - genial und in höchstem Maße kultverdächtig“. Aberwitzig wie die drei Musiker z.B. „In A Gadda Da Vida“ oder „Sylvias Mother Said“ interpretierten. Der „Master of Acoustic Blues“ Guy Davis gastierte in der vollbesetzten Jegelscheune, das Blues Company unplugged Konzert war schon vor Veröffentlichung ausverkauft. Und noch einmal „Great Blues in the little club! – Starkonzert mit Duke Robillard“. Peter Gruner in der NN vom 9. März 2004: „Der große Mann für kleine Clubs. Wenn man es nicht wüsste, würde man wohl nie darauf kommen, dass da vorne auf der Bühne der ausverkauften Jegelscheune ein Stück Musikgeschichte sitzt.“ Der letzte Gast in diesem Frühjahr und „Erstmals in der Region – natürlich war die Jegelscheune wegen ihres guten Rufs in der Szene seine erste Wahl…“ war Big Bill Morganfield, Sohn von Muddy Waters. 

Unter den vielen „alten Bekannten“ im Herbst 2004 ragte ganz klar herausragend Bugs Henderson heraus, der ein Jahr vorher beim Festival begeistert hatte. Zum ersten Mal in Wendelstein auf der Bühne stand der Sänger und Entertainer Albert C. Humphrey, der liebevoll genannte „Blues Bertl“ aus München. Er gastierte im Trio mit Hubert Hofherr, harp, und John Paiva, gui. Im November konnten wir noch zwei Neuentdeckungen kurz nacheinander erleben. Bill Perry tourte mit seiner Band zu mehreren Festivals durch Frankreich und konnte recht kurzfristig einen Abend in der Jegelscheune als einzigen Auftritt in Deutschland einschieben, „weil dort schon einige meiner Freunde aufgetreten sind und mir von der tollen Atmosphäre und der wunderbaren Akustik in diesem kleinen Club vorgeschwärmt haben.“ Ein weiteres Juwel kam mit „Modern Big-City-Blues straight from Chicago“ in die Jegelscheune: Melvin Taylor, der in Chicago schon zu den angesagten Live-Acts gehörte.

Zwei Weihnachtskonzerte beendeten das Jahr. „Swinging Christmas“ mit Max Greger jun. und „Christmas in New Orleans“ mit der Top Dog Brass Band in kleiner Bühnenformation.

»BACKSTAGE«

Vor der Show

Die Türen der Jegelscheune wurden um Punkt 19.00 geöffnet. Bis dahin standen schon unsere Stammgäste im Vorflur, manchmal schon in einer Schlange die Treppe runter. Es ging um die Lieblings- bzw. Stammplätze, da Gerd nur für Presse und, falls nicht ausverkauft, zwei Stühle für MitarbeiterInnen freihielt.  Ich weiß heute noch, wo z.B. Albert F. immer saß, oder Jürgen P., oder Herr T. und Frau D. aus Erlangen und einige andere Gäste. Bis 19.00 Uhr mussten die Musiker verschwunden, Bühne und Saal ordentlich hinterlassen, die Stühle zurechtgerückt und gelüftet sein. Musik vom „Band“ lief um auf nächste Konzerte aufmerksam zu machen.  Einlass und Ablauf liefen routiniert und gut eingespielt ab. Am Eingang saßen Frau Magerl oder Christian Mentschel an der Kasse. 

Susi Hörauf, Jürgen Schiller

Daneben stand jahrelang Susi Hörauf, um Karten einzureißen.  Hinter der Garderobe stand ich um Mäntel aufzuhängen und CDs zu verkaufen und im Notfall sonstiges zu tun. Eingequetscht zwischen zwei Türen und Treppenaufgang verkaufte Jürgen Schiller viele Jahre lang Getränke und die beliebten Canape´s, die von Gerd genannten „Schnittchen mit Schwarzachlachs“. Jürgen wusste von vielen Gästen, was sie tranken oder aßen. Wir trauerten um Jürgens frühen Tod. In den letzten Jahren wurde der Verkauf vom Buchswirt selber oder seinen MitarbeiterInnen übernommen.

Links neben diesem Tisch auf der dritten Treppenstufe, leicht verdeckt durch das Geländer, saß Gerd, wenn er nicht grad zum Rauchen im Hof stand. Alle, die den Text jetzt lesen, werden dieses Bild vor Augen haben. (Sollte jemand ein Foto von ihm auf der Treppe haben, würde ich es gern hier abdrucken). Gerd wurde um Empfehlungen gebeten und hat Empfehlungen oder Wünsche bekommen. Er wurde zu Auftritten und oft schon im November zur Festivalplanung befragt. 

Ich glaube nicht zu übertreiben, dass die Atmosphäre recht familiär war. Gäste lernten sich untereinander kennen, verabredeten sich für ein nächstes Konzert und wussten zu schätzen (vor allem Frauen), dass sie allein nicht verloren herumstanden. An der CD Theke wurde gefachsimpelt, an der Verkaufstheke Schlange gestanden. Ich hatte bestimmte Kleiderhaken für einzelne Gäste im Blick, links am Rand hingen die Mäntel/Jacken der Raucher, damit sie in der Pause schnell griffbereit waren. Früher wurde noch im Vorraum geraucht, später kaum vorstellbar auf diesen wenigen Quadratmetern im Qualm zu stehen. Die Künstler kamen um kurz vor 20.00 vom Backstagebereich runter bzw. vom Essen zurück, Gerd ging vor zur Bühne, gab kurz Ausblick auf Folgekonzerte und sagte die Musiker und/oder Musikerinnen an. Und los ging’s.

2005/ 2006

Vier starke Frauen bestimmen das Frühjahr 2005: Die Sängerin Eleni Mandel, von Blues bis Rock; Angela Brown mit ihrer großartigen Bluesstimme, Andrea Mayer mit einem wundervollen tribute to Ella Fitzgerald und  Lisa Bassenge nach längerer Pause mit Baby Lilia und neuer CD im Gepäck. „Im Ansatz außergewöhnlich wie gehabt, in der Ausführung so entspannt und effektiv wie nie zuvor…“. Ganz großes Bluesfeeling brachten uns im Herbst Tino Gonzales, einer meiner Lieblingsmusiker, und der unnachahmliche Michael de Jong mit den aus tiefster Seele besungenen Schattenseiten seines Lebens. 

Die große Zerstörung in New Orleans durch die Sturmflut Katrina löste eine große Anteilnahme aus, speziell für Musiker und Musikerinnen. Viele hatten Wohnung oder Haus verloren, unentbehrliche Instrumente waren zerstört. „Help New Orleans“ war eine Spendenaktion zu Gunsten dieser Musiker/innen, die Lillian Boutte´ gemeinsam mit den Veranstaltern des Festivals in Gronau ins Leben gerufen hatte. Jeder Cent ging direkt in die Hände Hilfesuchender. Gerd veranstaltete einen Benefitz-Abend in der Wendelsteiner Eventhalle „im Löhleins“, die von den Inhabern mietfrei zur Verfügung gestellt wurde. Regionale Bands spielten ohne Gage. So wurden knapp 5000€ eingenommen und gespendet.

Anfang 2006 begeisterte der Kanadier Ray Bonneville, gui, perc, harp in Begleitung eines Schlagzeugers mit seinen Blues-Roots. „Sax“ Gordon Beadle, der rockige Horn-Man, wurde von seinen Musikerfreunden dem West Coast-Gitarristen Alex Schulz, dem Rising Star an der Hammond-Orgel Raphael Wressnig und dem drummer Lukas Knöpfler begleitet. Was leider selten der Fall war, scheint an diesem Abend so gewesen zu sein: “Auffallend viele Musiker aus ganz Franken waren in die Jegelscheune gekommen, um den Jazzgitarristen Alex Schultz zu hören“, NN, 17.3.2006. Noch mehr Bluesrock gab es mit Bugs Henderson und beendet wurde das Frühjahr von Chris Farlowe & Norman Beaker Band. 

Javier Vargas

Erstmalig bei uns die fabelhafte Vargas Bluesband, die ab sofort aus Wendelstein nicht mehr wegzudenken war. Scottie Blinn und seine Mississippi Mudsharks traten dieses Mal als Trio auf.Memo Gonzales brachte „300 Pfund TexMex Dynamit“ und unbändige Spielfreude auf die Bühne, die er gemeinsam mit seinem imposanten Bassisten Erkan Özdemir und dem fabelhaften Gitarristen Kai Strauss nahezu  zum Wanken brachte.  „New Orleans meets Wendelstein“ hieß es im November mit dem Stargast Leroy Jones, der neben Wynton Marsalis, Nicholas Payton (s.Festival) und Terence Blanchard (s. Festival) zu den führenden Trompetern gehörte.

2007/ 2008

Erstauftritte in diesem Frühjahr 2007 hatten mit italienischer Canzone die hinreißende Band SULUTUMANA sowie die kanadische Sängerin Rita Chiarelli mit „einer Stimme, so fantastisch, dass sogar die Engel weinen“. Im Herbst war es der aus Mali stammende Mamadou Diabate, der Musik mit der Kora, einer Art afrikanische Harfe, mitbrachte. Ende Oktober bis Ende November hatten wir wieder das Vergnügen mit guten „Alten Bekannten“: Egidio Juke Ingala, The Holmes Brothers, die Blues Company, Michael de Jong und der Singer/Songwriter Paul Millns mit Butch Coulter

Als „Ausweichquartier“ gab es nun die Eventhalle „Im Löhleins“, in der Konzerte während des Festivals stattfanden, aber auch Veranstaltungen, die einen größeren, aber dennoch besonderen Rahmen verlangten. Am letzten Märzwochenende traten dort die Dirty Dozen Brass Band aus New Orleans auf und zu Ehren von Jimi Hendrix, der am Tag des Auftritts 65 Jahre alt geworden wäre, die Band of Gypsies Reloaded mit dem Gitarristen Jean-Paul Borelly, der Schlagzeugerin Cindy Blackman und dem Bassisten Melvin Gibbs. Bei diesen Namen war klar, dass es sich hier nicht um eine Hendrix Revival Band handelte, sondern um ein großartiges Trio Projekt, bei dem Funk, Heavy Rock und Jazzfusion auf kongeniale Art zusammentreffen. Im Herbst folgte das sensationelle Konzert mit den Yardbirds, drei Generationen (knapp bemessen) auf der Bühne, drei Generationen davor. Dieses Konzert war ein ein großes Vergnügen.

Im Frühjahr 2008 gab es anscheinend – man glaubt es kaum – nur 6 Konzerte, die ich mit den Attributen, die Gerd zur Ankündigung benutzt hat, beschreiben werde. Bei diesem Namen schnalzen Kenner mit der Zunge: Mick Pini. A real braveheart: Graeme Lockhart, ein besonderes Erlebnis, ein traumhafter Abend. An acoustic adventure with Steve Wynn, nach dem Motto, es muss nicht immer Blues sein, aber gute Musik. The wonderful music of Astor Piazolla mit Tangologica. Und… Die Sensation im kleinen Club: The Blues Band, selbstverständlich mit allen fünf Gründungsmusikern. In den Herbstwochen gab es zwei Veranstaltungen, die vollkommen aus der Reihe tanzten: ein bairisches Gesangskabarett sowie ein Wiener Liederkabarett. An beide habe ich keinerlei Erinnerungen.

Devon Allman und Hukes

Umso mehr hinterließen die zehn Konzerte, die der bewährten Auswahl entsprachen, einen nachhaltigen Eindruck. Devon Allman, der Sohn von Gregg Allman trat mit seiner Honeytribe-Band im Saal des Jugendtreffs auf. Es war der Beginn seiner europäischen Karriere und die erste Deutschlandtour. Ich bin bis heute ein großer Fan von Devon Allman. Seine Stimme hat sich im Lauf der Jahre immer mehr entwickelt und seine Musikerpersönlichkeit fand sicherlich einen Reifegrad als Mitglied der Southern Royal Brotherhood, die wir auf ihrer ersten Tour in Winterbach bei Stuttgart erlebt haben. Später trafen wir Devon mit seinen eigenen Projekten im Hirsch in Nürnberg wieder.

Eric Bibb Widmung

Nach dem „American Music Club“ traten im Oktober noch Christian Willisohn & Lillian Boutté auf. Der immer spielfreudige Chris Jagger und der furiose Boogie- und Rock’n Roll-Pianisten Ben Waters brachten die Jegelscheune zum Beben. UND - Ganz groß! Eric Bibb im kleinen Club! Hier nannte er Gerd in seiner Widmung „brother Gerd“. Gewissermaßen ein „Ritterschlag“, den Gerd mit Freude annahm.

Louisiana Blues in Vollendung präsentierte Larry Garner mit seiner Band. Dana Fuchs hinterließ mit ihrer Show einen nachhaltigen Eindruck. Als George Potsos, Bassist der Honeytribe und der Dicky Betts Band, in Wendelstein das Plakat mit der Ankündugung ihres Konzertes sah, geriet er ins Schwärmen: „She really is coming into your little club? That girl is magic, in our concerts she always stole Dicky the show – and Dicky was happy  `cause she’s so great…“ Ihre Live-CD aus 2014 „Songs from the Road“ höre ich gerade: Diese Powerstimme - unglaublich -! Es folgte ein Kontrastprogramm unterschiedlicher Genres und endete schließlich mit Louisiana Red „one oft he last giants in blues, a real living legend.

2009/ 2010

Merkwürdigerweise habe ich ab dem Jahr 2008 keine Pressenotizen zum Wendelsteiner Sommer/Jegelscheune, sondern nur die Flyer.

In der ersten Hälfte des Jahres 2009 waren wieder ganz unterschiedliche Veranstaltungen geboten. 

Der Blues wurde präsentiert von Sherman Robertson, Dr. Will & The Wizards mit seinem Voodoo Blues und den beiden Superstars John Hammond, mal wieder solo, sowie Bryan Lee & The Blues Power Band am 27. März. Die Bluesgangsters fungierten als „Vorgruppe“, sie waren mehr als das; großartige Musiker.

Neben guten alten Bekannten ragte Gerds Neuentdeckung aus dem Programm heraus: Boo Boo Davis, auf dem Weg vom Montreux Festival zu den Leverkusener Jazztagen mit Stopp in Wendelstein! Bemerkenswert! Boo Boo Davis erzählt in seinen Songs mit bellender lauter Stimme von seinen Erfahrungen aus der Kindheit im Mississippi-Delta. Weder besuchte er eine Schule noch lernte er lesen und schreiben. Er hörte den Gesang seiner Eltern und Nachbarn auf den Feldern und kam, stellvertretend für viele, zu der Erkennnis: „Der Blues hilft mir, das tägliche Leben zu überleben.“ Wendelstein liegt zwar nicht am Mississippi, wie oft in der Presse kolportiert wurde, sondern an der Schwarzach, aber Blues auf Boarisch ist nicht so weit weg vom Louisiana Blues. Das wollte Gerd wohl zeigen als er ein ganzes Wochenende mit „Blues aus da Hoamat“ veranstaltete. Es traten auf: Blueswurz, eine Band um Peter Schneider und Oskar Pöhnl mit oberpfälsischem Gesang , dessen Heimat dort liegt, wo der Blutwurz Schnaps herkommt. Williams Wetsox aus Huglfing mit seiner bayerischen Swamp Musik und Sonntag Schorsch & de Bagasch, schwarzer Blues von Schorsch Hampel, dem Bruder von Dr. Will. Auch über ihn gibt es eine Reportage, ausgestrahlt vom BR in der Reihe „Lebenslinien“; sehr sehenswert, sehr erschütternd… wenn man ihn noch nicht hat, dann packt er dich da, der Blues.

Nach dem Auftakt mit Les Haricots Rouges zu Beginn des Jahres 2010 dominierte ab dem 20. Februar wieder der Blues. Es waren dabei: Miller Anderson, Bugs Henderson, Blues Company, Doug McLeod, und Sharrie Williams & The Wiseguys mit „Rockin‘ Gospel Blues“. Die United Blues Experience brachten Fritz Rau mit, der aus seinem Buch „50 Jahre backstage – Am Anfang war der Blues“ las.

PS: Es läuft gerade parallel zum Schreiben die CD der United Blues Experience „The Cologne Concert“, Bernreuther, Bayer, Kossowska mit special Guest Richard Bargel. Ganz hervorragend! Manche Songs zum Weinen schön…

Im Herbst gab es zu meiner großen Freude 8 Wochen Blues pur. Eric Bibb machte den Anfang, einen besseren Auftakt kann es kaum geben. Die Vargas Blues Band war wieder dabei, Hans Thessink & Terry Evans stellen ihre erste gemeinsame CD vor und wir erlebten abermals die Wahnsinns Stimme von Tad Robinson mit dem eindrucksvollen Gitarrensound von Alex Schultz. Alex spielte vier Wochen später nochmal bei uns, zusammen mit Raphael Wressnik. Der beliebte Singer/Songwriter Graeme Lockart war wieder da und zum ersten Mal Rudy Rotta, der angeblich beste Blueser Italiens. Gerd hat ihn nicht wieder gebucht. Noch am Beginn seiner Karriere, aber schon mit Preisen ausgezeichnet, stand der noch recht junge und erfolgversprechende Sean Carney erstmals bei uns auf der Bühne. Aufgrund des guten Renommees der Jegelscheune hatte Gerd die Chance Mac Arnold & A Plate Full o‘ Blues zu buchen. Dieser Musiker spielte mit James Brown, Muddy Waters, John Lee Hooker und allen Größen des Blues, die zum „Who is Who“ der Szene gehören.

Elliott Murphy

Und schließlich einer meiner absoluten Lieblingsmusiker: Elliott Murphy & The Normandy Allstars feat. Olivier Durand. Elliott und Olivier Durand, unbestritten ein Gitarrist der Weltklasse, sind zusammen einfach unbeschreiblich fesselnd und elektrisierend. Es war ein unvergesslicher und eindrucksvoller Abend in der Jegelscheune. Grundlage für dieses Konzert war die unübertroffene CD aus 2009 „live in Paris“. Sie lief bei mir im Auto, wo ich ungehört mitsingen konnte, in Endlosschleife und noch heute sehr oft bei mir zu Hause. Konzert und CD haben für mich eine besondere Bedeutung, über die ich ev. später noch erzähle.

2011/ 2012

Wir nähern uns dem Ende der Ära Jegelscheune. Es fällt mir schwer diese zwei Jahre zu betrachten.

Erfreulicherweise strotzte 2011 nur so von tollen KünstlerInnen und einige meiner Lieblingsmusiker und meine Lieblingsmusikerin (wie zu sehen) waren dabei.

Patricia Vonne mit Gabriele Huke

Patricia Vonne – eine wahre Powerfrau mit wahrlich einzigartiger Stimme. Das Texas Music Magazine schreibt über sie: „stark, sinnlich, geschmeidig und endlos hörbar“. Ihre ausdrucksstarke Bühnenperformance mit Gitarre, Kastagnetten und Tüchern ist packend und bezaubernd. Ihre musikalischen Tex-Mex-Wurzeln vermischt Patricia mit Rock, Country, Blues und dem mexikanischen Erbe des Corridas und Rancheras. Geboren und aufgewachsen ist sie in San Antonio in einer musikalischen Künstlerfamilie. Einer ihrer fünf Brüder ist der Kult-Regisseur Robert Rodriguez. Spanische Folklore wurde ihr mütterlicherseits „in die Wiege gelegt“, bei ihren Brüdern hörte sie texanische Musiker wie Steve Ray Vaughan oder Neal Black und ihr Vater nahm sie schon frühzeitig zu Konzerten mit.

Im Herbst 2011 ging es weiter mit dem alternativen Country und Americana Duo Madison Violet. Entdeckt für Deutschland wurden die beiden jungen Frauen durch einen Auftritt beim WDR-Rockpalast. Unter dem Titel „Blues Caravan“ bringt Ruf-Records seit 2005 speziell junge Musikerinnen auf die Bühne. Die „Girls with Guitars“ im Februar 2011 waren Dani Wilde, Cassie Taylor und Samantha Fish. Chris Jagger trat dieses Mal mit seinem langjährigen Musikerfreund Charlie Hart auf.

Oliver Mally

„Sir“ Oliver Mally, ebenso geliebt vom Publikum wie von mir, brachte Martin Gasselsberger am Piano mit. Einfach nur schööön! Unvergessen sein Projekt mit Violine und Akkordeon. Die beiden renommierten österreichischen Musiker Bernie Mallinger und Klaus Paier ergänzten Oliver zu einem traumhaften und Gänsehaut erzeugenden Trio.

Blues aus Louisiana gab es wieder mit Larry Garner, für Storytelling aus New Orleans sorgte der in der Region noch unbekannte Spencer Bohren. Feinen Country und Folk präsentierten Richard Bargel & Klaus „Major“ Heuser mit Band. Für Begeisterung sorgten die BBs (B.B. & The Blues Shacks) mit ihrem Swingblues. Wieder dabei Terry Lee Hale und erstmals bei uns Mississippi Heat.

Mike Zito

Der absolute Knaller dieses Jahres aber war für mich, und ich denke, auch für all unsere Gäste, Mike Zito! Ich habe dieses Konzert als äußerst intensiv in Erinnerung. Sein brillantes Gitarrenspiel sowie seine eindringliche und wunderbare Stimme lassen niemanden unberührt, „Pearl River“ bleibt haften. Leider habe ich kein Foto von seinem Auftritt in der Jegelscheune. Unten deshalb eins vom Konzert der Royal Southern Brother Hood im Hirsch 2014.

Üblicherweise endete das Frühjahresprogramm mit Ende März. In diesem Jahr hatte Gerd Dave Kelly und Maggie Bell und Neal Black & The Healers für Mitte April verpflichtet, weil sie zur Festivalzeit nicht auf Tournee waren. Am 15. Mai, also zwei Wochen nach Ende des Festivals, gab es bemerkenswerter Weise noch ein

Konzert in der Jegelscheune. Da Gerd für diesen Zeitpunkt auch noch nie einen Gig vereinbart hatte, musste die Susan Cowsill Band also was ganz Besonderes sein. Schon vor dem Konzert wurden Lorbeeren vergeben, zum Konzert kamen Musikkenner und Fachleute. Einer von ihnen war Peter Harasim. Ich war offen wie immer, habe aber schon vor der Pause den Saal verlassen (müssen), was noch nie passiert war. Stimme und Musik waren für mich unerträglich. Ähnlich erging es Peters Frau Maya. Wir trafen uns im Hof auf der Flucht, alle anderen schienen begeistert gewesen zu sein.

Der Herbst wurde neben Patricia Vonne und Madison Violett von 13 weiteren hervorragenden Konzerten bestimmt. Hans Theessink, auch über die Jahre zum Freund geworden, präsentierte seine Roots-Music solo. Ebenfalls handmade music gab es von der Martin Harley Band.

Andy Fairwether Low

Wer kennt Andy Fairwether Low nicht aus der Zeit mit Amen Corner, „bend me shape me“ hat wohl jede/r unsere Generation mitgesungen. Eher bekannt als zweite Hand neben seinem langjährigen Freund Eric Clapton tritt er auch mit seinen Low Riders auf. Ian Matthews, Frontmann der ebenfalls in den 60er / 70er Jahren gegründeten Bands Fairport Convention und Matthews Southern Comfort war im Duo unterwegs. Bühnenpräsens zeigte wie immer Sax Gordon Beadle, unterstützt von der wunderbaren Jimmy Reiter Band. Eric Bibb wurde von Gerd im Flyer gar nicht mehr beschrieben, das Konzert am 18. November war schon vor Druck ausverkauft. Einen Tag später erlebten wir mit Monster Mike Welch ein Kontrastprogramm. Der Bandname CAST setzt sich zusammen aus: Coryell-Auger-Sample-Trio, drei berühmte Väter- drei vielversprechende Söhne. Ein Höhepunkt im Herbst war sicherlich die Vargas Blues Band. Im Dezember folgte mit Colin Hodgkinson & Frank Diez das Electric Blues Duo und am 16. präsentierte Dieter Knopp & Band ein Blues-Weihnachtsprogramm. 

2012 – The End

Blumen zum Abschied
Stammgast mit Blumen zum Abschied

Wie alle wissen, war das Frühjahr 2012 die letzte Saison für Gerd. Es gab viele Umarmungen, es flossen viele Tränen, es gab Aufmunterungen und Trostworte, aber im Grunde fragten wir uns alle, was nun? Wohin in Zukunft? So blieb es beim „Wir sehen uns beim Blues“.


Programmvorschau 2012

Hier nun das letzte Kapitel des Wendesteiner Sommers in der Jegelscheune. Aus dieser recht kurzen Vorschau auf das Frühjahr 2012 wurde dann doch noch ein längeres Programm. Gerd hatte noch Anfang des Jahres Buchungen vorgenommen, so dass sich zwei Flyer zeitlich überschnitten. Das Programm in den zehn Wochen des Frühjahrs unterschied sich im Wesentlichen nicht von den Vorjahren. Es kamen nochmals tolle Musiker und eine Musikerin: Cassie Taylor, bekannt von den „girls with guitars“ dieses Mal nicht im Blues Caravan unterwegs, sondern im Trio mit dem Gitarristen Jack Moore, Sohn von Gary Moore. Begonnen hat das Jahr wie so oft mit Christian Willisohn an Gerds Geburtstag. Klar, dass er nochmals kam um Gerd mit einigen seiner New Orleans Lieblingssongs zu erfreuen und seine Arbeit zu würdigen.

Toscho-Mike

Es folgte die wunderbare Band US Rails, die mit Sicherheit wiedergekommen wäre. Richie Arndt, Timo Gross & Alex Conti als akustisches Gitarrentrio sprechen für sich. Die Blues Company schob Gerd noch für Ende Februar ein. Toscho und Mike, die zwei langjährigsten Mitglieder wollten sich bei Gerd verabschieden und präsentierten mit Schlagzeuger Florian und Bassist Arnold ihre Akustik-Show. Spencer Bohren, der Storyteller aus New Orleans, brachte auf ruhige Art schon den Spirit der Crescent City für das noch folgende Festival mit. 

Die Gäste, die das „Leadbelly Project“ im Vorjahr noch nicht gesehen hatten, erlebten ein ungewöhnliches Konzert. Sänger James O. Belcher und Gitarrist Poembeat interpretierten die Bluesklassiker auf eine ganz neue und vor allem eigene Art. Egidio „Juke“ Ingala, der vitale Harpspieler und Sänger, sprang bei seinem Konzert auf Tische und Stühle.

Nun aber zu den beiden Konzerten, die Gerd und mir unvergessen geblieben sind (alle anderen Musiker mögen es verzeihen). DEL CASTILLO und MILLER ANDERSON. 

Del Castillo (s. „backstage“, Festival 2009 ) waren dreimal auf der Hauptbühne des Festivals. Immer ein musikalisches Feuerwerk. Das Feuerwerk war nun kleiner, aber nicht weniger furios. Die Band bot eine extra für uns gestaltete akustische Cajon Show in ihrer unnachahmlichen Mischung aus Latin, Rock, Blues, Mexican, Flamenco. Es war zum Weinen schön! 

Und wirklich… so war es dann nach der Show: Wir standen, wie so oft, mit Gästen und Musikern im Vorraum herum, fachsimpelnd, schwatzend und CDs (ver)kaufend. Die Stimmung schwankte zwischen aufgekratztem Übermut und Schwermut. Bert, der Bassist, schaute mich mitten in einem anderen Gespräch an und rief plötzlich schwer seufzend über die Theke „Gabrielle!“. Ihm wie auch mir schossen die Tränen in die Augen. Wir fielen uns um den Hals und er sagte immer wieder, dass er uns von ganzem Herzen dankbar dafür wäre, dass wir die Band nach Deutschland geholt hätten. Er wäre sonst nie nach Europa gekommen. Und ich war gleichermaßen glücklich diese Band live erlebt und diese netten „Jungs“ kennengelernt zu haben.

mit Del Castillo mit Del Castillo mit Del Castillo mit Del Castillo mit Del Castillo mit Del Castillo mit Del Castillo mit Del Castillo


Der Wendelsteiner Sommer in der Jegelscheune endete mit einem Abschiedskonzert der Sonderklasse. Miller Anderson kam Gerd zu Ehren extra für diesen einzigen Auftritt.

„Ein toller Lohn für unsere Arbeit!!!”

Selbstverständlich war dies der tolle Lohn für Gerds Engagement! Aber ich spürte und spüre durch diesen Satz unsere enge Verbundenheit und die gemeinsame Liebe zum Blues.   

DANKE DEL CASTILLO! DANKE MILLER ANDERSON! DANKE GERD!

DANKE AN ALLE MUSIKER und MUSIKERINNEN! DANKE AN UNSERE GÄSTE!

Keepin‘ the blues alive!


Liner-Notes von Marie Trout zur CD „full circle“ von Walter Trout, 2005, Fettdruck-Markierung von Gabriele

„So this is not just a personal CD, it is a celebration of where the blues world is, where it has been and where it is going. It is about breaking down barriers between „blues purists“ and „blues rockers“. It is about acknowledging that the blues is alive, it is vibrant, and it is not held hostage by the critics who want to brand, label and limit its expression. The blues exists as a living testimony to the people and the places that create this honest form of music.“


Die Jegelscheune

AUS DIE MAUS

Die Huke-Ära in der Jegelscheune endete nach 22 Jahren.

Auf der neuen Website der Jegelscheune beginnt das Wendelsteiner Kulturgeschehen bezeichnender Weise mit Herbst 2012! Ohne Rückblick, ohne ein Wort zur Geschichte, ohne auch nur die Ära Huke zu erwähnen. Fast 30 Jahre MusikKultur gelöscht. Nicht einmal über Google findet sich ein Eintrag über die Vorjahre.

»BACKSTAGE«

the years after

Im Jahr 2012 haben sich nicht nur unser Publikum und wir gefragt, was nun, sondern auch viele der Musiker, die in der Region nur beim Gerd aufgetreten sind. Es ergab zwangsläufig so, dass wir viele unserer ehemaligen Gäste nach einiger Zeit in Clubs in der Nähe wiedertrafen. In denen nun auch einige „unserer“ Musiker auftraten. So ergaben sich für die Bands mit größerer Bühnenshow bzw. mit größerem Publikumsandrang das Bluesfestival in Roth und ganzjährig der „Hirsch“, ev. noch die Kammerspiele in Ansbach, für den kleineren Rahmen aber bot sich die Kofferfabrik an. Das bedeutete, dass unzählige Bands, die nun im Nürnberger Raum einen intimeren Rahmen suchten, hier fündig wurden. So z.B. Neal Black & The Healers, Steve Gibbons, Ludwig Seuss, Dr. Will und auch BB & The Blues Shacks oder Michael Merwyck und viele mehr.

Javier Vargas, Rother Bluestage 2013
Javier Vargas, Rother Bluestage 2013

Auch Miller Anderson trat in der Kofferfabrik auf, zum letzten Mal kurz vor den Corona-Schließungen. Auch ich hoffe, dass Udo, „Chef de Koffer“ sein großartiges Engagement weiterführen kann und dort wie überall wieder viele tolle MusikerInnen auftreten können. Besuchten Gerd und ich Konzerte im Hirsch, so setzte sich Gerd an die rückwärtige Wand zu anderen „Sitzbedürftigen“, ich bin zu allererst durch den Saal „getigert“, habe geschaut, wen ich so kenne und bin dann meistens, eher bewegungsfreudig, hinten stehen geblieben. Unsere Blicke aber trafen sich häufig, wenn wir uns gleichzeitig über herausragende Passagen oder packende Soli während eines Konzertes freuten. „Gefachsimpelt“ wurde auch hier vor und nach den Konzerten mit anderen begeisterten Fans.   

Devon Allman, Mike Zito, Hirsch 2014
Devon Allman, Mike Zito, Hirsch 2014

Ein Problem für einige unserer Stammgäste war leider wie auch für Gerd, dass es im Hirsch nur Stehkonzerte gab, in der Kofferfabrik sehr oft. Das gesamte Umfeld dieser üblichen Art von „Clubs“ war ein anderes als der Komfort in der Jegelscheune und für manchen Gast durchaus gewöhnungsbedürftig. Dennoch sind wir, später ich, immer wieder auf alte Bekannte getroffen. Das war sehr schön und ich bin froh, dass es speziell diese beiden Clubs, das Jazzstudio sowie Blues Will Eat und die Rother Bluestage für unseren Musikgeschmack gab und immer noch gibt. Auch über den Großraum Nürnberg hinaus haben wir sowohl Musiker als auch ehemalige Besucher nach 2012 getroffen, in Clubs, bei Festivals. Und ganz ohne Musik, in der Altstadt, in der wir nun wohnten, in Cafes, auf der Straße, wo-auch-immer. Es wurden freudig Erinnerungen ausgetauscht, wehmütig erinnert, gewehklagt, gelobt, bedankt …